Woesler, Winfried

Aus AG-Tagung 2020
Wechseln zu: Navigation, Suche

Prof. em. Dr. Winfried Woesler

Gründer der Zeitschrift „editio“, Herausgeber der „Beihefte zu editio“.

  • Studium Deutsch, Latein, Biologie in Münster, München und Tübingen
  • seit 1968 Mitarbeiter an den beiden historisch-kritischen Heine-Ausgaben in Düsseldorf und Weimar
  • 1978–2000 Herausgeber der historisch-kritischen Droste-Ausgabe
  • 1981 – 2004 Professor für Literaturwissenschaft mit dem Schwerpunkt Neuere deutsche Literatur an der Universität Osnabrück

Editionen

  • Senecas Tragödien. Die Überlieferung der α-Klasse, dargestellt am Beispiel der Phaedra. Münster 1965.
  • "Pantaleon" von Konrad von Würzburg, 2. Aufl. hrsg. von Winfried Woesler. Tübingen 1974.
  • Heinrich Heine. Historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke. In Verbindung mit dem Heinrich-Heine-Institut hrsg. von Manfred Windfuhr. Bd. IV: Atta Troll. Ein Sommernachtstraum / Deutschland. Ein Wintermärchen. Bearb. von Winfried Woesler. Hamburg 1985.
  • Schiller: „Die Jungfrau von Orleans“. Hrsg. von Winfried Woesler unter Mitarbeit von Christine Hellmich. Mit einem Beitrag von Beate Schmidt. In: Schillers Werke. Nationalausgabe. 1940 begründet von Julius Petersen […] Hrsg. von Norbert Oellers. Redaktor Georg Kurscheidt, Bd. 9 N II. Weimar 2012.

Moderator Sektionen II und Vortrag

Paratexte als Kommentare und Verteidigung. Heines Vorworte zu seinen Versepen

Paratexte z.B. Vorworte, können fiktionale Texte im hic et nunc von Autor und Leser verankern. In solchen Paratexten kann dann das Ich des Autors eine eher historische Rolle als in den folgenden fiktionalen Texten spielen, wobei aber das Ich eines eher dokumentierenden Vorwortes und das des fiktionalen Textes mit einander korrelieren können. Heine hat zwei Versepen geschrieben: "Atta Troll. Ein Sommernachtstraum" und "Deutschland. Ein Wintermärchen", in denen er ein Ich imaginiert, das souveräner wirkt als das Ich in den zugehörigen "Vorworten", in denen er z.B. über Unbilden klagt, um die Geneigheit seiner Leser bittet, aber auch etwas zum Verständnis beisteuert. Heine hat zu beiden Epen und deren Übersetzungen je ein deutsches ‒ und ein französisches ‒ Vorwort verfasst. Dabei erforderten die Übersetzungen Rücksichtnahmen auf das französische Publikum, Heine verzichtet jedoch in den Vorworten auf ausführlichere Informationen und kürzt eher im Nachbarlande Schwerverständliches, er schmeichelt dabei den Franzosen: Zu ihnen zähle ja Champollion, der sogar die Hieroglyphen entziffert habe. Vorworte sind wie Prologe die jüngsten Werkteile, d.h. zwischen der Vollendung der Epen und dem Verfassen der Vorworte liegt eine Zeit, in der die ersten Leser Bedenken oder Kritik vortragen konnten und vorgetragen haben. Heine war jedoch möglichst zu keinen Textänderungen bereit, sondern versuchte in den Vorworten darauf zu reagieren. Der Verleger Campe z.B. kritisierte im "Wintermärchen" fehlenden Patriotismus und fehlende Moralität. Statt zu ändern, rechtfertigte sich Heine gegenüber seinen Lesern im Vorwort. Nur teilweise wehren konnte sich der Autor gegen Eingriffe der Zensur. Indem Heine in den Vorworten als seinen Paratexten darauf hinwies, stellte er die ursprüngliche politische Intention z.T. wieder her. Heines Vorworten gebührt besondere Aufmerksamkeit in den Kommentaren einer Edition.