Caflisch-Schnetzler, Ursula

Aus AG-Tagung 2020
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Dr. Ursula Caflisch-Schnetzler (Zürich)

  • 1979 Maturität an der Kantonsschule Zürcher Oberland
  • 1979 bis 1988 Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Literaturkritik an der Universität Zürich; mehrere Mentorate
  • 1983 Jubiläumsausstellung zum 150-jährigen Bestehen der Universität Zürich im Helmhaus Zürich
  • 1988 Lizentiat an der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich
  • 1989 Promotion an der Universität Zürich; Studienaufenthalt in den USA; Mittelschullehrer-Diplom
  • 1989-1994 Lehrbeauftragte für Deutsch am Gymnasium in Wetzikon (Kantonsschule Zürcher Oberland) und am Freien Gymnasium in Zürich
  • 1994-1998 Planung und Aufbau der historisch-kritischen Edition der Werke Johann Caspar Lavater
  • 1998-2016 Arbeit an der historisch-kritischen Edition der Werke Johann Caspar Lavaters als wissenschaftliche Mitarbeiterin
  • 2001 Ausstellung im Kunsthaus Zürich: Das Antlitz - eine Obsession
  • seit 2012 Kuratorin der Sammlung Johann Caspar Lavater, Lavaterhaus (St. Peter-Hofstatt 6) in Zürich
  • seit HS 2014 Lehraufträge am Deutschen Seminar der UZH
  • seit 1.1.2017 Leitung des Forschungsprojektes Johann Caspar Lavater: Historisch-kritische Edition ausgewählter Briefwechsel
  • Delegierte der Forschungsstiftung Johann Caspar Lavater
  • Wissenschaftliche Abteilungsleiterin an der Universität Zürich

Editionen

  • Johann Caspar Lavater: Historisch-kritische Edition ausgewählter Briefwechsel (JCLB) (laufend)
  • Johann Caspar Lavater: Ausgewählte Werke in historisch-kritischer Edition (JCLW) (abgeschlossen)

Forschungsschwerpunkte

Leben, Werk und Wirken Johann Caspar Lavaters; Kommunikationsnetze und -systeme im 18. Jahrhundert; Pietismus- / Aufklärungs- / Sturm und Drangforschung; Diariums- und Autobiografieforschung; der Briefroman im 18. Jahrhundert; bildende Kunst mit Schwerpunkt im 18. Jahrhundert; Editionswissenschaft / Digitalisierung; dichterisches Werk und Briefe von Johann Heinrich Füssli, Johann Wolfgang von Goethe, Jakob Michael Reinhold Lenz, Johann Georg Sulzer

Vortrag

Das Verständnis von Wissenskultur im Spiegel einer digitalen Edition

Die Trennung zwischen dem gedruckten Werk und den Paratexten eines Autors reduziert die Sicht auf ein Ganzes, was besonders im Umgang mit Texten des 18. Jahrhunderts evident wird. Der Zürcher Pfarrer, Schriftsteller und Physiognom Johann Caspar Lavater (1741–1801) schuf ein über vierhundert Titel zählendes gedrucktes Œuvre, welches als solches bereits auf den fluktuierenden Aspekt in seinem Arbeitsprozess hinweist, indem einige Werktitel mit Fragment (Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe), Tagebuch (Geheimes Tagebuch. Von einem Beobachter seiner Selbst / Unveränderte Fragmente aus dem Tagebuche eines Beobachters seiner Selbst; vgl. JCLW, Band IV) oder als in Briefen verfasste Schrift (Aussichten in die Ewigkeit, in Briefen an Herrn Joh. Georg Zimmermann; vgl. JCLW, Band II) bezeichnet werden. Bei Lavater wird die Grenze zwischen dem gedruckten Basistext und den mit diesem verbundenen und es bedingenden Paratexten häufig auch mit der Durchbrechung von Handschrift und Druck aufgehoben, so dass sein Werk erst über die Zusammenführung beider Textsorten aus der Zeit heraus vollumfänglich erklärbar wird. Daher ist es unumgänglich, die auktorialen Paratexte sowie die epistolare Vernetzung von Denkstrukturen eines Autors in einer historisch-kritischen Edition mit zu berücksichtigen. Die auf zehn Bände konzipierte historisch-kritische Edition ausgewählter Werke (JCLW) konnte 2018 als Printedition abgeschlossen werden. Bei den Forschungsarbeiten wurde dabei evident, dass sich Lavaters Gesamtwerk einzig über seine Briefe wirklich fundiert erschliessen lässt. Daher werden seit 2017 in einem digitalen Forschungsprojekt die über 20'000 Briefe von und an Lavater digitalisiert und mit Metadaten versehen und die wichtigsten Briefwechsel daraus transkribiert und in einer historischkritischen Edition (Johann Caspar Lavater: Historisch-kritische Edition ausgewählter Briefwechsel (JCLB); vgl. www.lavater.com) herausgegeben.

Der digitale Wandel in der Editionswissenschaft ermöglicht neue Formen der Visualisierung und der Verlinkung auf Epitexte, so dass der editorische Umgang in JCLB mit den sich bietenden Möglichkeiten der Darstellungsform von Varianten und Beigaben in ihrer digitalen Vernetzung neu gedacht werden kann. Bei der Konzeption und Aufbereitung von Metadaten sowie deren nachhaltigem Hosten ist daher eine enge Zusammenarbeit zwischen Edition und bewahrenden Institutionen (Bibliotheken / Archive) von zentraler Bedeutung. Diese Möglichkeiten des Aufbaus eines Semantic Web für die Darstellung und Vernetzung von Lavaters gesamter Korrespondenz wurde von JCLB und der Zentralbibliothek Zürich konzipiert und verdeutlicht damit nicht nur den Wandel in der Editionslandschaft, sondern auch eine Veränderung der Funktion von Gedächtnisinstitutionen hin zu Forschungsgemeinschaften.

In meinem Vortrag soll anhand einzelner ausgewählter Beispiele die zentrale Bedeutung von Paratexten für das Verständnis der Wissenskultur des 18. Jahrhunderts in der Spiegelung der digitalen Lavater– Edition auch in ihrer institutionellen Vernetzung aufgezeigt werden.