Dahm-Kruse, Margit

Aus AG-Tagung 2020
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Dr. Margit Dahm-Kruse (Kiel)

  • 2013 Erlangung des Grades Master of Arts nach dem Studium der Fächer Deutsch und Geschichte an der CAU Kiel
  • 10/2013-09/2016 Promotionsstipendiatin im DFG-Graduiertenkolleg "Literarische Form. Geschichte und Kultur ästhetischer Modellbildung" an der WWU Münster; gleichzeitig Lehrbeauftragte am Germanistischen Seminar der CAU Kiel; Promotion 02/2017 mit einer Arbeit zur textuellen Varianz und zu Überlieferungskonzepten mhd. Versnovellen
  • 10/2016-03/2017 Postdoc-Stipendiatin der DFG
  • seit 04/2017 wiss. Mitarbeiterin (Postdoc) am Germanistischen Seminar CAU Kiel, Ältere Deutsche Literatur, Lehrstuhl: Prof. Dr. Timo Felber

Forschungsschwerpunkte

Materialität und Medialität; Textkritik und Überlieferungsgeschichte; Literatur des 13. - 15. Jahrhunderts; Novellistik des Mittelalters; Stadtdarstellung in mittelalterlicher Literatur

Vortrag

Kolophone in mittelalterlichen Handschriften – Edition und Dokumentation

Die literarischen Texte des Mittelalters liegen selten in Autographen, sondern zumeist in Textzeugen vor, die durch Schreiber gefertigt wurden, deren signifikanter Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung des mittelalterlichen Textes in der Forschung seit langem kontrovers diskutiert wird. Eine der wenigen konkreten Spuren, in denen die Schreiber als zentrale Instanz des mittelalterlichen Textmodells konkret fassbar werden, sind Kolophone, also Schreiberzusätze, die am Ende der Handschrift respektive der verschriftlichten Texte stehen und die verschiedene Informationen zur Entstehung und Situierung der Handschrift enthalten. Dazu gehören der Name des Schreibers, Entstehungsort und -zeit der Handschrift sowie der Verweis auf den Auftraggeber oder weitere am Schreibprozess beteiligte Personen, also ‚produktionspragmatische‘ Daten, die im gedruckten Buch der (Frühen) Neuzeit zunehmend in andere paratextuelle Bereiche ausgelagert werden. Daneben werden Kolophone aber auch häufig genutzt, um verschiedene Formen der Kommentierung, etwa zur Person des Schreibers, zur Schreibtätigkeit oder auch zum verschriftlichten Text, in den Codex zu implementieren. Mit dieser kommentierenden Funktion stellen Kolophone eine mediale Schnittstelle von Textproduktion und –rezeption dar, deren Relevanz sich auch in ihrer oftmals aufwendigen und dezidiert vom Haupttext abgegrenzten Gestaltung manifestiert. Der geplante Beitrag verfolgt zwei Ziele. Zum einen soll es um die Frage des Umgangs mit Kolophonen bei der Erstellung von Texteditionen gehen. Auch bei handschriftennahen Editionen werden Kolophone vielfach nicht erfasst oder in den Lesartenapparat bzw. den Kommentar ausgelagert. Zu fragen ist, ob Kolophone insbesondere in der spätmittelalterlichen Literarizität (die Verwendung von Kolophonen nimmt im 15. Jh. auch in Relation zur Gesamtmenge der Handschriften signifikant zu) als paratextuelles Moment der Textproduktion wie auch der literarischen Kommentierung nicht Bestandteil von Texteditionen sein sollten und wie bei ihrer editorischen Aufbereitung zu verfahren ist. Die Frage des Umgangs mit Kolophonen rekurriert damit auf eine Schlüsselfrage bei der Edition mittelalterlicher Texte, ob überhaupt von einem Autortext ausgegangen werden kann oder ob historische Manifestationen eines Textes abgebildet werden, die von der Hand von Schreibern gefertigt wurden. Zum zweiten soll im Rahmen des Beitrags ein geplantes Forschungsvorhaben zur systematischen Erfassung und digitalen Edition von Kolophonen vorgestellt werden, das derzeit an der CAU Kiel vorbereitet wird. Im Rahmen dieses Projekts soll der Kolophonbestand in den deutschsprachigen Handschriften des Mittelalters erfasst und umfassend dokumentiert werden, woraus sich spezifische editorische Fragestellungen wie die nach der semantischen Auszeichnung im TEI-Format oder der Abbildung spezifischer ästhetischer Gestaltungsmittel ergeben.